S t e l l u n g n a h m e
der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens zu Windkraftanlagen im Spitalwald Herrenberg in der Sitzung des Gemeinderats am 18.02.2025
Stellvertretend für alle Vertrauensleute gab Dirk Kegreiß (in der Bildmitte, links Jürgen Utz, rechts Frank Nüssle) die nachfolgende Stellungnahme ab:
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reith,
wir, die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens zu Windkraftanlagen (WEA) im Spitalwald Herrenberg, Jürgen Utz, Frank Nüßle und Dirk Kegreiß, nehmen wie folgt Stellung:
Wir sind keine Windkraft-Gegner per se, aber wir sehen dieses Projekt höchst kritisch auf Grund des Eingriffes in die Waldfläche und all seinen Auswirkungen, die wir im Folgenden erläutern möchten.
Da es sich bei kommunalem Wald um ein Gemeingut handelt, sind wir der Meinung, dass die Bürger hier ein direktes Mitspracherecht haben sollten.
Hierzu wurde ein Bürgerbegehren am 02.01.2025 bei der Verwaltung der Stadt Herrenberg persönlich und schriftlich angekündigt.
Am 15.01.2025 wurden 582 Unterschriftenformulare mit insgesamt 2.114 Unterschriften überreicht. Stand heute sind wir bei 2.656 Unterschriften, das sind 10,6 % der wahlberechtigten Bürger Herrenbergs. Diese Zahlen, und auch die zahlreichen Leserbriefe im „Gäubote“, verdeutlichen, dass das Thema „Windkraftanlagen im Spitalwald“ die Bürger bewegt und sie mitbestimmen wollen.
Zu den geplanten Windkraftanlagen im Spitalwald sind aus unserer Sicht folgende Punkte zu beachten:
1. Ein bestehendes Naherholungsgebiet wird nachhaltig verändert. Der Wald ist ein Ort der Erholung, Gesundheit und Artenvielfalt. Er ist eine kostbare Ressource, die wir erhalten wollen. Wir reden über die größte Veränderung des Landschaftsbildes des Jahrhunderts, die im Schweinsgalopp durchgesetzt werden soll. In der Region Stuttgart in Baden-Württemberg wohnen in 10 % der Fläche 25 % der Bevölkerung, die 30 % der Wirtschaftsleistung (BIP) des Landes erbringen. Der Erwerbsbevölkerung wird der siedlungsnahe Erholungsraum durch den Umbau des Spitalwaldes zum Industriegebiet entzogen. Grünzüge werden in dieser Region ohne einen landesplanerischen Abwägungsprozess geopfert.
2. Der Spitalwald ist Lebensraum für viele heimische Vogelarten sowie Fledermäuse und er ist zudem ein Korridor für Zugvögel.
3. Der Bau der WEA setzt die Zuwegung und Rodung voraus und ist ein Eingriff in den Wasserschutz Zone III und sogar II, welche die Filterwirkung für das Trinkwasser beeinträchtigt. 20 % der Herrenberger Wasserversorgung erfolgt aus dem Gebiet Spitalwald. Im Falle einer Verunreinigung ist keine Ersatzversorgung aus dem Bodensee möglich.
4. Mit der Verpachtung der Waldflächen strebt die Stadt Herrenberg Einnahmen an, während auf der anderen Seite Bürger durch die Wertminderung ihrer Immobilie Verluste erleiden werden.
5. Unter Abwägung der oben genannten Punkte erscheint die Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu den tatsächlich erzielbaren Einnahmen fraglich, zumal diese der Bevölkerung bislang nicht bekannt sind.
Zum Argument mancher Gemeinderäte, der Bürgerentscheid komme viel zu früh: Dazu sagen wir entschieden NEIN!
Mit dieser Aussage wird der Bürger auf eine falsche Fährte geführt!
Sie wissen ganz genau, dass die Stadtverwaltung und der Gemeinderat keinerlei Einfluss auf das weitere Genehmigungsverfahren durch das Landratsamt mehr haben, sobald die Pachtverträge mit dem Vorhabensträger unterschrieben sind.
Es wird von Ihrer Seite auch argumentiert, wenn nicht genügend Vorranggebiete ausgewiesen werden, greife die sogenannte Superprivilegierung. Dazu die Antwort von Herrn Professor Dr. Erik Schweickert MdL, FDP-Wahlkreisbüro Enzkreis am 27.11.2024:
Zitat: „Das Ministerium für Landesentwicklung stellt klar, dass die Superprivilegierung frühestens ab dem 1. Januar 2028 greifen kann, da sich dies nach Bundes- und nicht nach Landesrecht richtet.“
Somit ist der Druck, den die Landesregierung und Regionalplanung auf Bürgermeister und Gemeinderäte ausüben, nicht gerechtfertigt.
Zu beachten ist auch: Der Bau von WEA im Spitalwald ist kein Ausschluss- oder Verhinderungsgrund für zusätzliche Windkraftinvestitionen auf privaten Flächen außerhalb der Vorranggebiete.
Bisher gibt es noch keine privaten Verpächter. Da stellt sich auch die Frage: Haben potenzielle private Eigentümer die Tücken der Pachtverträge bezüglich der verbundenen Grunddienstbarkeit und Rückbaukosten (Zustandshaftung) erkannt?
Ende der Stellungnahme
Der Gemeinderat Herrenberg hat bereits entschieden
Der Gemeinderat Herrenberg hat in seiner Sitzung vom 18.02.2025 über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens einstimmig zugunsten des Bürgerbegehrens entschieden.
Damit ist der Weg frei für den Bürgerentscheid am Sonntag, den 13. Juli 2025.
Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger dürfen dann darüber entscheiden, ob die Verpachtung kommunaler Waldflächen, die sich im Eigentum der Stadt Herrenberg befinden, an Windanlagenbetreiber/-Investoren unterbleiben soll oder auch nicht!
Foto oben: Redaktion presseaktuell.de